Ausgabe

Briefe der Wiener Jüdin Ella Wenger 1938 – 1942

Evelyn Adunka

Inhalt

Jörg Zedler (Hg.): Schreiben ins Exil. Briefe der Wiener Jüdin Ella Wenger 1938 – 1942. 

Wien, Köln: Böhlau Verlag 2023.

339 Seiten, Euro 51,00.-

ISBN 978-3-412-52712-9

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/geschichte/juedische-geschichte/58079/schreiben-ins-exil?c=1742

2016 wurde der Herausgeber, Historiker und wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Regensburg, in Raffi’s Bagel Store in Lissabon auf eine Fotografie und ein handgeschriebenes Heft mit Backrezepten aufmerksam. Das Foto zeigte Ella Wenger; Jörg Zedler erfuhr von ihrem Enkel Martin Schneider ihre Geschichte und beschloss, ihre Briefe aus der NS-Zeit zu edieren. Ella (Eleonore) Zappert wurde 1869 in Wien geboren. 1895 heiratete sie den Rechtsanwalt Hartwig Wenger, der 1934 starb.

 

Ella Wengers Briefe an ihre Tochter Elisabeth Schneider in Belgien und Südfrankreich sind wichtige Quellen für die einzelnen Schritte der Entrechtung und Beraubung der Juden und Jüdinnen in Wien und für das Scheitern der Auswanderungsbemühungen. 1939 schrieb Ella: 

„Ich gehe mit Euch ans Ende der Welt, ich habe keine Angst vor einer langen Seefahrt, noch vor einem anderen Klima.“

Ihre zweite Tochter Martha Wenger blieb in Wien und arbeitete seit 1930 im Kleinkinderheim der IKG in der Unteren Augartenstrasse 35.

 

Wengers Bruder Julius Zappert war der Leiter des Kinderambulatoriums der Israelitischen Kultusgemeinde. Er flüchtete 1939 nach Grossbritannien. Seine Tochter Gertrud heiratete Wolfgang Brunner, den Sohn des Direktors des Israelitischen Taubstummeninstituts Moritz Brunner. Gertrud, die den Kindergarten der Auswanderungs-Hilfsorganisation für nichtmosaische Juden in der Ostmark leitete, nahm sich im September 1940 das Leben. Wolfgang Brunner wurde im Oktober 1942 nach Theresienstadt und 1943 nach Auschwitz deportiert.                                                                                             

Zu den Bekannten der Familie gehörte auch Paula Singer (1869 – 1940), eine Enkelin des Rabbiners Isaak Noah Mannheimer.     

Im Oktober 1942 wurden Ella und Martha Wenger nach Theresienstadt deportiert. Nach der Befreiung kamen sie in das DP-Lager Deggendorf. Ella lebte von 1946 bis zu ihrem Tod 1957 in Frankreich. Martha Wenger emigrierte nach Sidney, wo ihr Bruder lebte. 

Zedlers Genauigkeit der Recherchen zu den erwähnten Personen ist beeindruckend. Neben der Edition enthält das Buch auch Fotos und ein ausführliches Kapitel des Herausgebers  zur Kontextualisierung und zu Briefen als historische Quellen.

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