Ausgabe

Künstlerische Antworten auf den Israel-Gaza-Kampf

Lital Megidish

Inmitten beispielloser Turbulenzen präsentieren die KünstlerInnen Shai Yehezkelli, Elena Rotenberg und Sara Benninga ein anschauliches Zeugnis der tiefgreifenden Veränderungen, die Konflikte mit sich bringen.

Inhalt

Eine Tragödie dieser Dimension verändert unser Verständnis der Welt. Wir müssen unsere Gedanken, unsere Gefühle neu ordnen. Kunst kann dabei helfen. Doch Künstler in Israel müssen sich derzeit auch mit der Situation inmitten des Krieges auseinandersetzen. So nehmen es manche wahr.


Shai Yehezkelli

Shai Yehezkelli, in Israel geborener Künstler, BFA, MFA der Bezalel Academy, Jerusalem. Ausgezeichnet mit dem Rappaport Award (2015). Wird weltweit ausgestellt und konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen Malerei, nahöstlichen und jüdischen Erzählweisen.

 

„Diese schrecklichen Tage und die Flut schrecklicher Bilder wie nie zuvor verschärfen die Frage nach dem Sinn und der Notwendigkeit von Kunst. Ich denke an Werke, die in einer Zeit tiefgreifender Brüche entstanden sind, und sehe eine Tendenz hin zum simplen Bild, das sich weigert, zu vereinfachen. Ich gehe vor und zurück und suche nach den malerischen Mitteln, mit denen die Realität verdaut und eingedämmt werden kann, um zu versuchen, die Bilder umzuwandeln, die sich in den Geist eingebrannt haben, jene, die jede Nacht zuschlagen, wenn die Augen zum Schlafen zufallen. Ist das ein vergeblicher Versuch? Möglicherweise, aber darin liegt der Antrieb und das ist die Rolle des Künstlers, wie ich sie gerade wahrnehme.“

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Shai Yehezkelli.

 

Elena Rotenberg

Elena Rotenberg ist eine in Russland geborene israelische Künstlerin und Absolventin des Shenkar College und der Bezalel Academy of Arts. Ihre Arbeiten wurden weltweit in Ausstellungen gezeigt. Elena ist eine preisgekrönte Künstlerin, die hauptsächlich in Airbrush-Technik mit Acrylfarben malt und deren Gemälde private und öffentliche Sammlungen schmücken.

„In meinem Kunstwerk stelle ich eine weinende Mutter dar, welche die Gefühle widerspiegelt, die ich in diesen Kriegstagen erlebt habe. 

Ich bemühe mich, den tiefen Schmerz von Müttern, deren Kinder entführt wurden, den Kummer von Soldatenmüttern und den Kummer der palästinensischen Mütter zu vermitteln. Dieser Schmerz hat eine ständige, gewichtige Präsenz in meinen Gedanken und Kreationen.“

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Elena Rotenberg.


Sara Benninga

Sara Benninga ist eine zeitgenössische Künstlerin, die Figuration in unerwarteter Häufigkeit einsetzt, um die Kluft zwischen Form und Bedeutung hervorzuheben. Benninga ist auch Doktorin der Kunstgeschichte und lehrt an der Bezalel University und der Universität Tel Aviv.


„Das Gemälde ‚Ohne Worte‘. Dieses Gemälde war eine spontane Reak­tion auf das schreckliche Massaker der Hamas am 7. Oktober. Ich habe es zwei Tage später in einem Zug gemalt. In diesem Gemälde fügte ich fast zwangsweise immer wieder eine weitere Figur hinzu und drehte dazwischen die Leinwand. Eine Figur überlappt eine andere, eine Kohlelinie oder ein Blattwerk bedeckt eine Figur, und dann wird sie selbst verdeckt. Also male ich diese Bilder und zerstöre sie – das ist das Gemälde. 

 

Es ist unmöglich, mit der Zahl der an diesem blutigen Samstag ermordeten Menschen zurecht zu kommen. Irgendwie habe ich versucht, das zu begreifen. In meiner Praxis hinterfrage ich die Vorstellung eines dominanten Blicks. Normalerweise nähere ich mich diesem Thema von einem kritischen Standpunkt aus, als Methode zur Dekonstruktion kunsthistorischer und kultureller Wahrnehmungsgewohnheiten. Allerdings hat es auch eine chaotische, ikonoklastische (bilderstürmerische) Wirkung. In dieser Zeit grosser Not und des Zerfalls der Ordnung gerät ein solider Standpunkt ins Wanken.“

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Sara Benninga.

 

Zur Autorin

Lital Megidish ist eine israelische Kunstproduzentin und Expertin für digitales Marketing. Sie ist auch die Gründerin und Leiterin von DRIFTLAB Art Residency.

 

(Aus dem Englischen übersetzt von Monika Kaczek)

 

Alle Abbildungen: L. Megidish, mit freundlicher Genehmigung.